Thomas Manns später Roman "Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn“, erschienen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, gilt als sein schwierigster Roman. Die besondere Herausforderung dieser abgründigen Faust-Erzählung von 1947 besteht zunächst in ihrem enormen Anspielungsreichtum: Der Texts ist auf vielfältige Weise verwoben: historisch mit der doppelten Zeitgeschichte von Erstem und Zweitem Weltkrieg, literarisch in den vielleicht grössten Erzählkomplex der deutschen Literatur, der Faust-Erzählung von der Renaissance bis Goethe, und nicht zuletzt auch philosophisch, theologisch und musiktheoretisch. Um sich diesem so komplexen Textgefüge angemessen anzunähern, ist es daher notwendig, diese historisch-literarisch-philosophischen Kontexte zu rekonstruieren, um zu zeigen, wie Thomas Mann diese auf einen Fluchtpunkt hin verknüpft: Die Wiederkehr des Dämonischen in der dunkelsten Zeit des 20. Jahrhunderts.

Andreas Kilcher: Beschwörung des Dämonischen am Abgrund der Geschichte. Thomas Manns Doktor Faustus im Kontext
Wie verbindet Thomas Mann in Doktor Faustus Geschichte, Literatur und Philosophie? Andreas Kilcher analysiert die düstere Faust-Erzählung von 1947 und ihre Auseinandersetzung mit dem Dämonischen in der Moderne.